Dienstag, 9. August 2016

Carnevale a Venezia I



Nachdem ich also meinen letzten Beitrag aus dem Schreibkurs gepostet habe, soll nun eine der Geschichten folgen, auf die ich am meisten Stolz bin. Der Text ist an einem Karnevalstag entstanden und ich habe tatsächlich noch einen zweiten Teil dazu geschrieben :D HIer aber erst mal der Anfang. Die Wörter sind wieder markiert. Das Thema war, dass der Charakter betrunken ist. In meinem Fall eben weil es regnet.

Endlich war es Karneval. Ich wollte dieses Fest ­­–nein, diese Woche vollkommenen Dauersuffs –mit meinem Freund verbringen. Naja, ich wäre dann für das Füllen der Filmrisse meiner Freunde verantwortlich gewesen, da ich normalerweise nicht oder kaum trinke.
Dumm nur, dass dieser mich vor drei Tagen verlassen hatte. Für eine fünfzehnjährige möchtegern-Schauspielerin, die bisher nur kurz in irgendeiner der Frühabendsoaps als Statistin zu sehen gewesen war.
Vor zwei Wochen hatten wir noch darüber gesprochen, vor unserem sechsundzwanzigsten Geburtstag –unsere Geburtstage lagen nur etwa zwei Monate auseinander– zu heiraten.
Sogar unsere Kostüme waren aufeinander abgestimmt gewesen. Auch, wenn ich mich erst gesträubt hatte. Nun stand ich als Playboy-Häschen verkleidet in der Schlange vor der Toilette in irgendeiner schäbigen Disco in Venedig.
Ja, Venedig. Wir wollten zusammen die Magie des venezianischen Karnevals erleben. Aus Frust war ich wenige Stunden nach unserem Beziehungsaus alleine in den Flieger gestiegen. Nun regnete es auch noch wie aus Eimern und mir war total schlecht. Anscheinend hatte ich mächtig einen über den Durst getrunken. Mein Ex sollte als reicher Zuhälter in Netzstrumpfhose mitgegangen sein. Ohne ihn fühlte ich mich irgendwie hilflos. Vor allem im Moment.
Es waren bisher zwei sehr schöne Tage gewesen. Das Hotel war traumhaft, und bevor der ganze Trubel losgegangen war, hatte ich es sogar noch geschafft, mir ein bisschen Kultur zu gönnen. Und ­–was mich am meisten freute– dazu kam noch, dass ich als erster Besucher eines kleinen Museums an diesem Tag eine Karte für einen der berühmten Barock-Carnevale Feierlichkeiten gewonnen.
Mich hatten die historischen Kleider mit ihren Ornamenten und Duzenden Lagen Stoff schon immer Fasziniert. So hatte ich gestern also einen sehr schönen Abend in einer sehr angenehmen Gesellschaft verbracht und einige nette Menschen kennen gelernt. Und mein Italienisch stark verbessert.
Dann war der heutige Tag gekommen. Gestern war ich noch nachts um drei durch die malerischen Gassen der Stadt geschlendert –berauscht von den Eindrücken, die ich zuvor gesammelt hatte.
Müde war ich um neun zum Frühstücksraum gegangen und hatte festgestellt, dass es regnete. Der Regen hatte alles wieder an die Oberfläche gebracht. Ich hatte zuerst im Hotel bleiben wollen, doch dann hatte ich mich dazu entschieden, feiern zu gehen.
Mit dem viel zu kurzen Höschen, dem plüschigen Schwanz und den Ohren sowie dem bauchfreien Fetzen Stoff, der mein Oberteil darstellte –und einen Ausschnitt hatte, der selbst bei den Damen der Freudenhäuser Eindruck machen würde– würde ich bestimmt schon einen hübschen jungen Italiener kennenlernen, der mich mitnehmen oder mit in mein Hotel kommen würde.
Anfangs war das auch eine gute Idee gewesen, doch kaum hatte ich einen der wenigen Stühle an der Theke der Disco ergattert und war mit einem gutaussehenden jungen Mann in einem äußerst authentischen Ezio-Auditore-Kostüm ins Gespräch gekommen, da legte der DJ dieses verdammte deutsche Schlagerteil auf. Ich kannte den Titel nicht, doch dieses Lied erinnerte mich an meinen Ex. Mir war die Lust am Flirt vergangen, und dazu kam dann noch, dass ich schon einiges im Laufe des Tages getrunken hatte. Mir war also schlecht geworden, und ich war zur Toilette gelaufen. Nur um festzustellen, dass noch drei Leute vor mir waren.
Der Ezio –ich glaube, er hieß Giovanni– war mir hinterhergelaufen, doch während er sich zu mir durchkämpfte, ging mir schon wieder dieses Lied durch den Kopf.
1000-mal berührt, 1000-mal ist nix passiert. 1001 Nacht…
„Ist alles in Ordnung, bella?“, fragte er wenige Sekunden, nachdem er bei mir angekommen war.
„Jaja, mir geht es soweit gut.“, erwiderte ich. „Ich trinke nur normalerweise nicht so viel…“
„Dann lass uns nach draußen gehen.“, schlug er vor. „Ich kenne einen Ort, wo nicht so viel los ist.“
„Aber…“
„Hier ist es eh viel zu voll.“, unterbrach er meinen schwachen Wiederstand und griff mich am Oberarm. „Komm mit!“
                                                                       *




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